Es begann ganz klassisch mit einer WiMi – Stelle an der Universität und einem DFG-Antrag, über den dann letztendlich ein großes Forschungsprojekt inkl. diverse Stellen finanziert wurden. Mein Dissertationsthema war ein Teilgebiet dieses Projektes. Drei Jahre habe ich dieses Forschungsprojekt in großen Teilen geleitet, Daten gesammelt, Mitarbeitende angeleitet, Arbeitsgruppen organisiert und durchgeführt. Für das Schreiben an meiner Dissertation blieb kaum Zeit. Unerwartet plötzlich lief meine Stelle dann aus und mein Erstgutachter fand es eine gute Idee, in der Arbeitslosigkeit weiterzuschreiben. Als alleinerziehende Wissenschaftlerin konnte ich mir dieses Konzept nicht leisten. Auch Stipendien decken übrigens nicht die Lebensunterhaltungskosten, um in dieser familiären Situation zu promovieren. Nachdem ich eine Stelle gefunden hatte, schrieb ich nebenberuflich an der Dissertation, vernetzte mich, suchte mir Unterstützung in Schreibgruppen. Es ging voran. Die Kommunikation mit meinem Erstgutachter wurde immer schlechter, trotzdem ließ er mir immer wieder kleinere Aufgaben aus dem Forschungsprojekt zukommen, die ich dann unentgeltlich erledigte. Heute sehe ich darin einen klaren Fall von Machtmissbrauch. Ich reichte meine Dissertation ein erstes Mal ein, nachdem ich ein positives Feedback erhalten hatte sowie den Hinweis, ich könne meine Disputation vorbereiten. Als ich nach knapp 8 Monaten völlig unerwartet erfuhr, dass sie nicht angenommen wird, lag die Disputation bereits fertig auf meinem Laptop. Eine Überarbeitung wurde mir empfohlen. Ich arbeitete die beiden Gutachten durch und überarbeitete mithilfe einer Schreibcoachin meine Arbeit. Mein Doktorvater war zufrieden mit der Umstrukturierung, ich reichte die Arbeit erneut ein und erhielt nach 6 Monaten erneut völlig unerwartet eine erneute Ablehnung. Interessant war es hierbei, dass trotzdem 1/3 meiner Dissertationsschrift als DFG-Bericht verwendet werden sollte. Dank der Unterstützung des MaWi-Netzwerkes sowie weiterer Institutionen (z. B. Mutterschaft und Wissenschaft) fasste ich Mut, mich dagegen zu wehren. Eine engagierte uni-interne Ombudsfrau versuchte zu vermitteln, ich verfasste einen 19-seitigen Widerspruch, holte mir einen Anwalt ins Boot. Ein Fachverband, dem ich angehöre, hat meine Dissertation durchgesehen und keine Anhaltspunkte entdecken können, die eine Ablehnung rechtfertigen und meine wissenschaftliche Qualifikation in Frage stellen. Mein Ziel war es, ein drittes Gutachten zu bewirken und eine neutrale Bewertung meiner Dissertation zu erhalten. Es hat nichts gebracht, trotz vieler Fragwürdigkeiten im Betreuungsprozess und im Umgang mit meinen Forschungsinhalten, einer fehlenden kontinuierlichen Betreuung sowie der Befangenheit der beiden Gutachter stellte sich die Universität quer und mein Promotionsprozess endet ohne Doktortitel. Mein Vertrauen in die Hochschulpolitik in Deutschland ist nachhaltig geschädigt. Ich wünsche mir, dass mehr Betroffene über solche Fälle öffentlich sprechen und transparente Strukturen in Promotionsprozessen sowie Kontrollmechanismen für die Doktorväter und Doktormütter geschaffen werden.
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