Mein Doktorvater nötigte mich (w) und eine Kollegin, mit der ich kurz nach meiner Verteidigung einen Sammelband herausgab, einen männlichen Kollegen in der Titelei des Sammelbandes „unter Mitarbeit von" zu nennen. Dieser männliche Kollege hatte bis dato keinerlei Anteil an der Entstehung des Bandes gehabt. Als meine Kollegin deshalb unter Verweis auf eine gute wissenschaftliche Praxis verweigerte, den Kollegen anzuführen, begann mich mein Doktorvater schriftlich und telefonisch zu belagern. Zunächst forderte er mich auf, die Kollegin zu beeinflussen, auf die er selbst keinen Zugriff hatte. Als ich ihm sagte, die Überzeugungsarbeit müsse er schon selbst leisten, begann er mir mündlich und schriftlich zu drohen: würden wir uns gegen die Titelei wehren, werde er die Autor:innen veranlassen, ihre Beiträge zurückzuziehen, der Sammelband könne dann nicht erscheinen. Außerdem müsse man in diesem Fall „sehen“, ob das Imprimatur zum Druck meiner Dissertation erteilt werden „könne“ (was in meinem Fall Voraussetzung zur Verleihung des Doktorgrades war). Immer wieder warf er mir vor, er habe meine Dissertation mit „Summa“ bewertet und nun sei ich so „undankbar“. Inzwischen hatte ich dem Druck schon längst nachgegeben und ausgesagt, mich aus der Sache heraushalten zu wollen. Trotzdem ließ mich mein Betreuer, mit dem ich bis dahin ein gutes Verhältnis gehabt hatte, nicht in Ruhe.
Als ich die Situation nicht mehr aushielt, suchte ich mir Hilfe. Im Nachhinein waren die Reaktionen sämtlicher Anlaufstellen fast genauso schlimm wie das Verhalten meines Betreuers. Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität riet mir, ein Kind zu bekommen, dann könne ich solche Vorfälle gelassener hinnehmen. Eine externe Anlaufstelle legte mir nahe, nachzugeben (was ich ja ohnehin tat) und wollte die E-Mails meines Betreuers, aus denen die Nötigungen hervorgingen, noch nicht einmal einsehen, scheinbar aus Gründen des Datenschutzes. Schließlich wandten die Kollegin und ich uns an die Ombudsperson unserer Fakultät, die ein „Gespräch“ mit allen beteiligten Personen organisierte, bei dem wir uns „einigten“, dass der männliche Kollege dem Sammelband ein Verzeichnis hinzufügen würde, was seine Nennung „unter Mitarbeit von“ rechtfertigen würde. Meine Kollegin und ich hatten zu diesem Zeitpunkt keine Kraft mehr, uns gegen diesen „Kompromiss“ zu wehren, obwohl er natürlich ungerecht war (ein solches Verzeichnis war für den Sammelband überhaupt nicht vorgesehen). Dieses Erlebnis ist mittlerweile mehrere Jahre her, ich habe mich aber nicht wieder davon erholt. Obwohl ich gute Chancen auf eine wissenschaftliche Karriere gehabt hätte, die mir auch meine Betreuer nahegelegt haben, bin ich diesen Weg nicht gegangen. Ohne Empfehlungsschreiben meines Doktorvaters wäre es vielleicht auch schwierig geworden.
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